Touristische Bergunterkünfte für gehobene Ansprüche

Der Berg als Urlaubsziel schlechthin

 

In die Ferien zu fahren verbinden wir mit einem Reiseversprechen. Die gewohnte Umgebung, die wir zurücklassen, um uns an einen anderen Ort zu bewegen, lässt uns Raum zur Entdeckung unberührter Gegenden. Die Berge wecken zwar vielfältige und unterschiedliche Vorstellungen, aber eines haben sie gemeinsam: Das Vermitteln des Gefühls von Abstand und Abwechslung. Deshalb ist die Bergregion für viele Reisende das Urlaubsziel schlechthin. Der Berg wirkt unwirtlich, unberechenbar bzw. launisch und bildet somit das Gegenteil zum gut eingespielten Alltag des Stadtmenschen. Der Berg weckt Träume, wird aber auch gefürchtet und macht seine Beherbergungen zur ultimativen Zuflucht. Dort werden sowohl Strategien ausgetüftelt, um einen Berg zu bezwingen, als auch Enttäuschungen nach Misserfolgen aufgefangen und gemildert. Das verleiht der alpinen Hotellerie ein besonderes Charisma. Mehr als bei jeder anderen Logismöglichkeit wird die Bergunterkunft als Unterschlupf erlebt. Im Gegensatz zu ihrer ungastlichen Umgebung vermittelt die Bergunterkunft das Gefühl von behaglichem Ambiente und Erholung. Sie lädt zur Einschränkung ein, und damit zur Selbstbeobachtung, wodurch man das richtige Verhältnis zu den Dingen finden kann. Mit seiner Authentizität und Identität gibt uns der Berg die Möglichkeit, über unsere eigenen Grenzen hinauszuwachsen. Die Natur hilft uns, Echtheit und Wirklichkeit als eigentliche Herausforderung zur Selbsterkenntnis zu erleben.

Die Natur als Rahmen für die Berghotellerie

 

Die touristischen Praktiken haben aus verschiedenen Elementen der Bergwelt (Thermalwasser, Landschaften, Klima, Bräuche usw.) emotionale und gesundheitliche Ressourcen gemacht, die in der Post-COVID-Ära eine verstärkte Resonanz finden werden. Lokale und internationale Akteure nutzen diese Wiederbelebung, um neue Gebiete zu erschliessen und einer Vermarktung zugänglich zu machen. Einigen von ihnen ist das bereits hervorragend gelungen, indem sie aufzeigen, dass eine echte Nachfrage nach Unterkünften besteht, die einen gehobenen Anspruch mit Echtheit und Nähe zur Natur verbinden.

Zunehmender Anspruch

 

Design als Konzept

Der alleinige Anspruch die Unterkunft «nur zum Übernachten» zu benützen, ist für einen Gast nicht ausreichend. Die Erfahrung muss auch ästhetisch und wohltuend sein. Die Einrichtungen dieser Beherbergungsbetriebe in den Bergregionen müssen daher über die Funktionalität hinaus auch Emotionen wecken. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten viele Unterkunftsanbieter mit Designern und Handwerkern zusammen. Sie wählen vorrangig lokale Handwerker aus, um zur Erhaltung einer regionalen Identität beizutragen.

Rohe Oberflächen und reduzierte Formen verleihen eine zeitlose Eleganz. Die Anbieter von touristischen Unterkünften in den Bergen haben dies verstanden und arbeiten am Charakter der Räume für die Unterbringung, indem sie authentische Materialien mit zeitgenössischem Design mischen. Dies sind wichtige Accessoires, denn sie kommen den Gästen zugute, indem sie eine beruhigende Atmosphäre schaffen. Oftmals interagieren die Materialien von einem Raum zum anderen miteinander und schaffen so eine Kommunikation zwischen den Räumen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Holz, das den Boden und die Decke bedeckt, aus alten Scheunen der Gegend stammt. Dieses Holz wird häufig aus östlichen Ländern importiert, wo es noch im Überfluss vorhanden ist.

In Bezug zur Natur ist es nicht unüblich, dass sich das Äussere von Gebäuden in die unmittelbare Umgebung einfügt. Einige Gebäude verschwinden im Hang. Die Gebäude verschliessen sich jedoch nicht vor der Landschaft, ganz im Gegenteil. Grosse Fenster fangen das Licht in den Innenräumen ein. Diese Panoramafenster bieten Sichtfluchten auf die Landschaft. Oder vielleicht ist es umgekehrt: Die Ausblicke sind es, die den Innenraum beleben und den Besucher daran erinnern, weshalb er in die Berge gekommen ist. Die Grenzen zwischen Aussen und Innen sind fliessend.

Ökologie als Positionierung

Die auf die Dringlichkeit des Klimawandels sensibilisierte Kundschaft bewirkt (vor allem durch ihr Konsumverhalten), dass sich die Industrie von der Oberflächlichkeit der reinen Gewinnmaximierung distanzieren muss und den Konsum in eine Form des angenehmen und nicht überbordenden Wohlstands zurückführen sollte, die sich in Grenzen hält und unsere Umwelt entschieden weniger belastet.  Die Natur und ihre Erhaltung sind häufig der Leitfaden für die Entscheidungen der Hoteliers, um mit den Werten ihrer Kundschaft in Einklang zu kommen.

Den Konsum in eine Form des Wohlstands umzuwandeln, die Freude macht, sich in Grenzen hält und die Umwelt weniger belastet, ist ein Ziel, das nicht alle Kunden erfüllen können. Tatsächlich lassen sich Kosteneinsparungen mit den neuen ökologischen Zielsetzungen noch nicht systematisch vereinbaren. Eine ökologische Positionierung einzunehmen, ist daher immer noch mit Luxus verbunden, um ein ständiges Lernen und Optimieren auf Seiten des Gastgebers zu garantieren. Das sind Kosten, die sich oft im gehobenen Endpreis einer Übernachtung widerspiegeln.

Fremdfinanzierung

Grössere Renovierungen von Luxusunterkünften werden zunehmend mit Fremdkapital finanziert. Dies können Gönner oder institutionelle Gruppen sein.  Oft sind es aber internationale Hotelgruppen, die sukzessive private Häuser mit Schweizer Familientradition übernehmen (z. B. Scherz, Seiler).

Darüber hinaus haben Régie du Rhône und Barnes Suisse eine erhöhte ausländische Nachfrage nach Schweizer Luxusimmobilien als Folge der Pandemie gemeldet.

Vorrangige Themen für Luxusreisen

Im Hinblick auf Innovationen werden die wichtigsten Themen nach der Pandemie wahrscheinlich Sicherheit und Nachhaltigkeit sein. Geselligkeit und Self-Care sind zwei weitere Bedürfnisfelder, die von der Beherbergungsindustrie nicht übersehen werden sollten. Die Pandemie hat in der Tat dazu beigetragen, die nährende Funktion sozialer Kontakte und ihre enge Verbindung mit der Psyche sichtbar zu machen. Die Wechselwirkungen zwischen Stress, Immunität und psychischen Erkrankungen wurden in den letzten Monaten hinreichend bestätigt, um sich diesem neuen Markt zu öffnen. Die gegenwärtige kollektive Depression wird zweifellos die Verankerung dieses touristischen Marktes beschleunigen.