Europäische Hotellerie - Revenue Management, KPIs und Vertrieb : eine fragmentierte Landschaft ?
Die vorliegende Veröffentlichung ist die Fortsetzung einer gross angelegten Studie der HES-SO Valais-Wallis, die 2025 unter 1500 Hotels in sechs europäischen Ländern durchgeführt wurde. Der erste Teil zum Thema Künstliche Intelligenz erschien am 9. Juli.
Die Analyse beleuchtet, wie die Hotels digitale Tools zur Verwaltung von Preisen, Vertriebskanälen und Leistungskennzahlen einsetzen. Während grundlegende Technologien weit verbreitet sind, sind strategische Integration und fortgeschrittene Analysen noch die Ausnahme. In einem zunehmend wettbewerbsorientierten Umfeld unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit, die Lücke zwischen der digitalen Infrastruktur und ihrer effektiven Nutzung zur Leistungsoptimierung zu schliessen.
Infographie: VennGage
Die meisten Hotels sind ausgestattet, aber nicht vollständig optimiert
Drei von vier Hotels (75%) geben an, ein Property Management System (PMS) zu verwenden, was bestätigt, dass das PMS ein wichtiger Bestandteil der digitalen Infrastruktur ist. Ebenso aktualisieren 63% der Hotels ihre Preise und Verfügbarkeiten über einen Channel Manager, was eine zentrale Verwaltung über mehrere Online-Plattformen hinweg unterstützt. Doch trotz dieser Tools bleiben die Praktiken fragmentiert. Mehr als 70 verschiedene PMS-Marken sind im Einsatz - was auf einen Mangel an Standardisierung und potenzielle Hindernisse für die Interoperabilität hinweist, insbesondere bei kleinen oder unabhängigen Hotels.
Die Verwaltung der Einnahmen ist noch unterentwickelt
Vier von zehn Hotels haben eine formelle Ertragsmanagementstrategie eingeführt. In diesen Hotels wird eine breite Palette von Tools zur Unterstützung der Entscheidungsfindung eingesetzt. Während das PMS das am häufigsten verwendete System ist (76%), verwenden nur 44% dieser Hotels ein spezielles Revenue Management System (RMS), und 33% verlassen sich immer noch auf Excel. Eines von fünf Hotels gibt an, externe Berater zu nutzen. Dies deutet darauf hin, dass einige Hotels zwar strukturierte Tools nutzen, viele Entscheidungen aber immer noch auf manuellen Methoden oder externen Ratschlägen beruhen - ein Hinweis auf einen eher partiellen als systematischen Ansatz zur Ertragsoptimierung.
KPI-Überwachung konzentriert sich auf das Wesentliche, nicht auf die Strategie
Die Mehrheit der Hotels verfolgt aktiv zentrale Leistungskennzahlen wie Belegungsrate (82%), durchschnittliche Tagesrate (ADR, 61%) und Umsatz pro verfügbarem Zimmer (RevPAR 50%). Fortschrittlichere Indikatoren wie Bruttobetriebsgewinn pro verfügbarem Zimmer (GOPPAR 11%), Netto-Durchschnittlicher Tagespreis (NetADR 23%) oder Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA-Marge 22%) werden jedoch weitaus seltener verwendet. Dies deutet darauf hin, dass die Leistungsbewertung in vielen Hotels nach wie vor in erster Linie auf die Zimmerumsatz und nicht auf die Gesamtrentabilität ausgerichtet ist. Nachhaltigkeits- und HR-Indikatoren wie die Mitarbeiterbindung (12%) oder der Energieverbrauch pro Zimmer (20%) bleiben eine Nische. Die strategischsten KPIs finden sich vor allem in Hotels der gehobenen Kategorie (4-5 Sterne) und in städtischen Gebieten, wo die Datenkapazitäten und Reprting-Systeme in der Regel robuster sind.
Fragmentierung und analytische Lücken verlangsamen den Fortschritt
Die Studie zeigt eine Diskrepanz zwischen Infrastruktur und Einblick auf. Zwar geben viele Hotels an, digitale Tools zu nutzen, doch setzen sie diese nur selten in fortschrittliche Analysen oder dynamische Entscheidungsfindung um. Ein erheblicher Anteil der Hoteliers gibt außerdem an, dass sie "nicht wissen", wie ihre Leistung im Vergleich zum Markt abschneidet - ein Hinweis auf schwache Benchmarking-Praktiken im Wettbewerb. In Verbindung mit der großen Vielfalt der eingesetzten Systeme zeigen diese Ergebnisse, dass viele Hotels trotz der weit verbreiteten Einführung digitaler Tools noch nicht ihr volles strategisches Potenzial ausgeschöpft haben.
Schlussfolgerung: Ein Sektor, der gerüstet, aber noch nicht befähigt ist
Die Ergebnisse zeichnen das Bild eines Sektors mit breitem Zugang zu digitalen Tools, aber begrenzter Integration und strategischer Nutzung. Die Einführung von Revenue-Management-Systemen (RMS) und fortschrittlichen KPIs ist immer noch uneinheitlich, insbesondere bei kleineren Hotels und solchen an nicht-städtischen Standorten. Die Beseitigung der Systemfragmentierung, die Förderung der Dateninteroperabilität und Investitionen in die analytische Kompetenz werden entscheidend sein, um den digitalen Reifegrad des Sektors zu erhöhen. Damit die digitale Transformation einen echten Mehrwert schafft, muss die Infrastruktur mit einer kohärenten Strategie und Leistungseinblicken gepaart werden. Um die analytischen Fähigkeiten der KI besser nutzen zu können, wäre es für Hotels von Vorteil, Daten aus unterschiedlichen Systemen in einen einheitlicheren Datensatz zu integrieren. Eine Stärkung sowohl der Datenkonsolidierung als auch der analytischen Kompetenz kann dazu beitragen, tiefere Einblicke zu gewinnen und im Laufe der Zeit fundiertere, zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen.
Illustration zum Artikel: Bild erstellt mit Copilot