Ungewöhnliche Unterkünfte & lokaler Tourismus

Reisen und Lifestyle in Reichweite

Die Förderung des lokalen Tourismus in Krisenzeiten ist eine unabdingbare Notwendigkeit, auch wenn dieser einheimische Tourismus den ausländischen Zustrom nicht kompensieren kann. Fabrice Goas, Mitbegründer der Fabrique à Souvenirs, warnt aber vor der Gefahr, sich nach innen zu wenden, denn «der Tourismus hat am meisten zu verlieren, wenn er zu lokal wird». Es stimmt tatsächlich, dass «wir uns in einer Welt des interkulturellen Austauschs befinden und die Welt ein Dorf ist». Statt über die Nähe sollte man eher über das touristische Angebot nachdenken. Die eigentliche Frage wäre dann: «Welches ist für eine lokale bzw. urbane Kundschaft das optimale Angebot, das ihren Ansprüchen und Wünschen wirklich entspricht? Denn auch wenn die Kundschaft wieder die Möglichkeit bekommt, mit dem Flugzeug zu reisen, ist die Anziehungskraft des einheimischen Kultur- und Naturerbes immer noch vorhanden. Aber reicht das auf die Dauer aus, um ein attraktives lokales Angebot aufrechtzuerhalten?

Whaka Lodge: Eine lokale und urbane Kundschaft gewinnen

Um dieses lokale Angebot zu konzipieren und zu erproben, erwarb das Tourismus-Engineering-Unternehmen La Fabrique à Souvenir im Jahr 2020 die «Domaine des lacs de Gascogne», einen Campingplatz im Département Gers im Südwesten Frankreichs, um einen innovativen Tourismus-Prototyp zu schaffen: Das erste «Öko-Resort Lifestyle» in Frankreich. Die Whaka Lodge baut auf einem hybriden Konzept auf, das ein ungewöhnliches, ethnisches Glamping-Angebot mit Hotelservice und Komfort kombiniert. Die Idee beruht darauf, eine lokale Kundschaft im Umkreis von ein bis zwei Stunden anzusprechen, mit dem Ehrgeiz, sie zum Reisen zu bewegen. Das Vorhandensein von 12 Hektar Seen und Wald ermöglichte eine natürliche Positionierung. Aber wie war es dabei möglich, etwas wirklich Neues einzubringen? Die Projektgestalter entschieden sich, das Reisen und den Lebensstil in den Mittelpunkt ihres Vorhabens zu stellen, denn «der Begriff des Reisens geht über den Begriff des Tourismus hinaus»: Er begünstigt das Eintauchen in eine andere Lebenswelt, in der man unvermuteten Besonderheiten begegnet und fremdländische Lebensweisen entdeckt, was wiederum die Entschleunigung bzw. die Loslösung vom Alltag fördert. Lifestyle öffnet die Tür zu Genuss und Wohlbefinden. Um eine urbane Kundschaft anzuziehen, die auf der Suche nach trendigen Welten ist, die es gewohnt ist zu reisen, aber auch abschalten möchte, benötigte man ein starkes und mit klassischen Ansätzen brechendes Angebot. Indem das Reisen und der Lifestyle in den Mittelpunkt des Konzepts gestellt wurden und nicht die Natur, eröffneten die Projektgestalter ein grosses Innovationsfeld, mit dem Mantra: «Man muss nicht wegfahren, um woanders zu sein».

Freude am Tapetenwechsel

Hier sind einige Beispiele für die Umsetzung des Konzepts in der Whaka Lodge. Ein Teil der Unterkünfte ist ethnisch inspiriert, viele Dekorationsarbeiten sind von den Besonderheiten mehrerer Kontinente inspiriert. Dabei wird bewusst auf eine lokale Farbdekoration verzichtet. Optisch spürt der Kunde, sobald er ankommt, eine besondere Atmosphäre, einen Anreiz sich auszuklicken, auch wenn er nur ein paar Kilometer entfernt wohnt.

https://www.whakalodge.com/

Reisen und Lifestyle spiegeln sich auch im Angebot des Restaurants wider, indem es «Momente des Lebens» anbietet und nicht nur Essen serviert. Die Whaka Lodge bietet daher tagsüber eher «Erlebnisse» als «Aktivitäten» an. Dieses Angebot will entschleunigen: Keine Betriebsamkeit hier, sondern Ruhe, Genuss und Gelassenheit. Eine dieser Erfahrungen schlägt auch vor, «nichts zu tun». Für jede «Reise» oder jedes «Erlebnis» wird ein sanftes Verkehrsmittel vorgeschlagen, wie z. B. Elektrofahrräder, zu Fuss gehen oder sich mit dem Motorroller fortbewegen. Die Begegnung wird zu einem Schlüsselelement dieser «Reisen», z. B. mit Besuchen auf den Höfen lokaler Produzenten. Bei der Gestaltung dieser Ausflüge haben sich die Veranstalter an die Besonderheiten der Region angepasst: Keine grossen Spots, sondern Besuche zahlreicher aussergewöhnlicher «Perlen», die über das gesamte Gebiet verstreut sind. Mit ihrer Reise- und Lifestyle-Positionierung bricht die Whaka Lodge mit dem klassischen Ansatz eines Outdoor-Hotels.

Referenz

Gas Patrick (2021). Le tourisme de proximité, illusion ou réalité, Espaces, tourisme et loisirs 360, 20-27.