Künstlerische Kreationen mit Ortsbezug

TourismeDeNiche Culture

Ortsspezifische Kunst – Eine wichtige Tendenz im künstlerischen Schaffen

Laut der Zeitschrift «Espaces Mars Avril 2019», die sich in einer Sonderausgabe mit künstlerischem Schaffen widmet, das  „mit seiner Umgebung interagiert“, hat sich das Konzept der In-situ-Kunst (Indoor oder Outdoor) in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Trend entwickelt. Sie gilt für künstlerische und kulturelle Werke und Programme, von der bildenden Kunst bis zur darstellenden Kunst, die speziell für einen Ort konzipiert sind und alle Kunstbereiche abdecken können.

Diese Initiativen tragen oft dazu bei, die touristische Attraktivität ihres Standorts zu stärken oder auch aufzuzeigen. Sie ermöglichen es zudem, eine Art von alternativem Tourismus zu entwickeln. Die Erscheinungsformen dieser in einem Gebiet verankerten Kunst sind vielfältig: Selbstverständlich Land Art, aber auch Urban Art, Strassentheater, Tanz, Musik, Performance, digitale Kunst, Skulptur, Installation usw.

Erlebnisorientierte Produktion fördert den mit einer Abenteuerreise vergleichbaren Tourismus

Pascal Le Brun-Cordier, Professor an der Ecole des arts de la Sorbonne, unterscheidet künstlerische Projekte, die darauf abzielen Territorien (ihre Geschichten, ihre Landschaft und kulturellen Besonderheiten)  zu entdecken, von solchen Projekten, die versuchen, die Territorien zu verbessern, d. h. die Realität zu bereichern, indem sie Objekte, Geschichten und Mythen hinzufügen. Besonders geschätzt werden Programme, die es Menschen ermöglichen, „eine Erfahrung zu machen“. Sie setzen ein eigenes Engagement auf der physischen, sensiblen, sozialen Ebene voraus, wie es oft bei partizipativen Performances und immersiven Kreationen der Fall ist. Bei einer touristischen Sichtweise begünstigt eine erlebnisorientierte Arbeit einen einzigartigen Tourismus, welcher der Abenteuerreise näherkommt als den üblichen Aktivitäten der Tourismusindustrie.

 

 Museum of the Moon ist eine plastische Installation des englischen Künstlers Luke Jerram, hier in Rennes, Frankreich

«Erfolgsstory» vom assoziativen Milieu getragen: Künstlerischer Abschnitt auf dem Jakobsweg

Die Associationartistique et culturelle Derrière le Hublot in Aveyron (Frankreich) bietet eine Kultursaison und ein Festival an, das durch Kreationen im öffentlichen Raum geprägt ist. Eine der Routen des Jakobswegs, die jedes Jahr von 20.000 bis 25.000 Wanderern durchquert wird, steht im Mittelpunkt ihrer Aktion, die in zwei Ausrichtungen aufgeteilt ist: Die eine ist im Rahmen von jährlichen Treffen mit Installationen und anderen künstlerischen Performances vorübergehend, die andere ist mit der Schaffung von „Kunstwerken im Refugium“ dauerhaft. Dabei wird darauf geachtet, sich grundsätzlich zu unterscheiden, da es derzeit 305 Routen gibt, die nach Santiago de Compostela führen!

Der erste Teil des Projekts bestand darin, Highlights zu schaffen, kurze Momente, die den Wert des Weges erhöhen: Es wurden Aufträge für künstlerische Kreationen vergeben, wie z. B. kürzlich das Museum of the Moon des britischen Künstlers Luke Jerram. Diese plastische Installation mit einem Mond von sieben Metern Durchmesser wurde vom 11. bis 13. Oktober 2018 im Herzen der Kleinstadt Figeac aufgehängt. 6000 Menschen kamen, um die Installation zu entdecken. Der Verein ist bestrebt, Erlebnisse mit möglichst vielen Menschen zu schaffen, um so auch die Bindung der Bewohner an ihren Wohnort zu erhöhen.

 

Museum Moon Figeac

Museum of the Moon in Figeac. Quelle: Figeac Athlétisme club

 

In diesem Jahr entsteht auf einem Dolmen-Gelände im Quercy Regional Nature Park, wo der Jakobsweg verläuft, ein „Kunstwerk-Refugium“. Dieses Werk wird es Bewohnern und Besuchern ermöglichen, sich unterzustellen und den Sternenhimmel im Herzen des „Triangle noir du Quercy“ zu betrachten, einer Region, die von Lichtverschmutzung verschont geblieben ist. Auch hier mobilisiert die künstlerische Leitung die Bewohner, indem sie auf lokales Know-how setzt und lokale Materialien wie trockene Steine verwendet. Die Produktion dieser permanenten Arbeit wird selbst zu einem kollektiven Akt im Sinne eines gemeinschaftlichen Projekts, das die Bewohner der Umgebung mobilisiert. Die Herausforderung hat zum Ziel, ein Kulturerbe des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Der 1996 von einer Gruppe junger Menschen gegründete Verein Derrière le Hublot bleibt seinem Hauptanliegen treu: Investition in den eigenen Lebensraum und Einbeziehung der Bevölkerung in ihre kulturelle Zukunft.

 Parc Quercy

Quelle: Parc naturel régional des Causses du Quercy

 

Referenzen

Création artistique & territoire, revue Espaces, tourisme et loisirs 347, mars-avril 2019

Le Brun Cordier Pascal. Art in Situ. Quand la création artistique interagit avec son environnement, revue Espace, tourisme et loisirs 347, 7-13, mars-avril 2019

Anne Gonon & Julia Steiner, Derrière le hublot révèle et réveille les paysages du GR 65, entre Aveyron et Lot, revue Espace, tourisme et loisirs 347, 32-37, mars-avril 209

Foto: Etat du Valais, Jean-Yves Glassey