Die grossen Reisewanderrouten – eigenständige Destinationen

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Wandern in den französischen Alpen: 50 % der Frequentierung in der Zwischensaison

Muriel Faure, Generaldirektorin der „Grande Traversée des Alpes“ freut sich darüber. „In den französischen Alpen ist der Wandertourismus in der Zwischensaison und im Sommer ein Antriebsmotor, weil er einen grossen Attraktivitätsfaktor besitzt“, führte Muriel Faure anlässlich des „6es assises nationales des randonnées et activités de pleine nature“ aus, das am 26. und 27. April 2016 in Saverne (Elsass) durchgeführt wurde. Tatsächlich kommen 50 % der Wandertouristen im Frühjahr oder im Herbst. Es handelt sich dabei vor allem um Clubmitglieder, Gruppen oder Paare und nicht um Familien. „Der Wandertourismus belastet die Budgets der Sommerferien nicht“. Ähnliche Stimmen sind aus dem französischen Jura zu hören, wo ein Verein die  „Grande Traversées du Jura“ vermarktet und in Luxemburg, wo das Produkt „Mullerthal Trail“ auf den internationalen Märkten verkauft wird.

„Die Qualifikation der Beherbergungsdienstleistung ist das Herz des Modells“

Alle diese Öffentlichen bzw. Verbandsorganisationen, die beauftragt sind „grosse Wanderprodukte“ zu entwickeln, sind einer Meinung: Die Qualifikation der Beherbergungsdienstleistung ist das Herz des Modells. Für den Wanderer ist die Beherbergung tatsächlich ein privilegierter Ort, der zusätzlich zu ihrer traditionellen Funktion alle logistischen Aspekte der Reise sicherstellt. Wanderer und Radfahrer sind auch auf eine Vernetzung angewiesen, denn am Abend wollen sie mit ihren Angehörigen reden, suchen die Nachrichten ihres Landes oder gehen ins Internet, um die nächste Übernachtung zu reservieren.

Mystischer und legendärer Charakter von Wanderrouten 

Die Wanderer sind häufig „Sammler von Wanderungen“.  Darum ist ein „Label“ wichtig, z. B. MTB Labels, Fernwanderungen, denn letztere bezeugen den mystischen und legendären Charakter  von Reiserouten. Für diesen Typ Wanderer oder Radfahrer ist die Herausforderung, das Reiseziel zu erreichen, der Ursprung seiner Motivation. Er liebt Trophäen und kauft bei jeder Etappe Souvenirs. Der Wandertourist will tatsächlich die Kennzeichen seines Erfolgs sammeln, ganz wie die Pilger, die an die Kirchentüre klopfen um den wertvollen Stempel zu bekommen, der beweist, dass alle Etappen von Anfang bis zum Schluss durchlaufen wurden…

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Wirtschaftliche Herausforderung der Durchwanderung „grosser Reiserouten“

Gemäss Ginette Henriet, Direktorin der „Association Grande Traversée du Jura GTJ“, ist es notwendig, die wirtschaftliche und soziale Herausforderung der grossen Reiserouten zu evaluieren. Es handelt sich dabei darum, die Geldgeber zu überzeugen, denn die Bereitstellung der Infrastruktur (Schranken, Markierung usw.) von Reitrouten und Wanderwegen zu Fuss, mit Schneeschuhen oder Langlaufskiern hat natürlich ihren Preis. Diese quantitativen Evaluationen dienen schliesslich auch dazu, um den Gastwirten zu beweisen, dass es sich lohnt Wanderer zu empfangen. Die Professionalisierung der Gastwirte – es sind aktuell 150 auf den „Grande Traversées du Jura (GTJ)“ – hat übrigens aktuell Priorität bei dem Verband GTJ.

Gemäss Ansicht aller Experten, die an der „Assise de la randonnée“ anwesend waren, sind jedoch die quantitativen Evaluationen der wirtschaftlichen Herausforderung grosser Reiserouten schwierig zu realisieren. Dies ist nicht wie bei der Evaluation der wirtschaftlichen Herausforderung einer Veranstaltung, die wesentlich einfacher umzusetzen ist, da die Besucher dort an einem genau bestimmten Ort und während einer sehr kurzen Zeit konsumieren.

Allerdings tauchen neue Methoden auf, wie wir im vorangehenden Blog präsentiert haben. So konnten 2015 in Luxemburg, wo die öffentliche Hand mit dem Mullerthal Trail beauftragt ist (einer Wanderroute von 112 km, die der Wanderer in sechs Etappen mit geeigneten Etappenunterkünften durchlaufen kann), erstmals die Ausgaben der Wanderer im Vergleich zu den „allgemeinen“ Touristen ermittelt werden. Die Resultate werden nachfolgend vorgestellt (Office Régional du Tourisme Mullerthal, Luxemburg. © ORT MPSL).

 

 

Auf dem Mullerthal Trail gibt der Wanderer also weniger aus als ein „allgemeiner“ Tourist, das heisst durchschnittlich 100 Euro pro Tag gegenüber 151 Euro pro Tag auf nationalem Niveau. Aber die Wanderer bleiben länger als die allgemeinen Touristen: 5 Nächte im Durchschnitt gegenüber 2 Nächten bei den „allgemeinen“ Touristen. Erwähnenswert ist zudem die Tatsache, dass der Wanderer mehr für den Transport ausgibt als der „allgemeine“ Tourist.

Der Wanderweg einer „grossen Reiseroute“ unter der Obhut einer Organisation, die ganz besonders für die Leitung und Promotion dieser Aufgabe geeignet ist, würde den abgelegenen ländlichen Zonen ermöglichen, erneut junge Leute anzuziehen mit dem Ziel, ein Lebensmittelgeschäft oder einen Gasthof zu eröffnen. Vielleicht würde dann dort schon bald wieder Kindergeschrei zu hören sein…

 

Referenz

6es assises nationales des randonnées et activités de pleine nature, Saverne, 26-27 avril 2016. Atelier 2 « Mise en réseau et promotion à l’international » et séance plénière « Quelles retombées économiques et activités de pleine nature pour les territories » ? https://www.idealconnaissances.com/assises-randonnees/

Bildtitel : https://www.flickr.com/photos/bocage-normand-tourisme/5103962803